Iris Wolff – Lichtungen

„Für ihn war diese Reise ein Aufbruch, für sie ein Übergang, vielleicht sogar ein Abschluss. Und doch hatten sie sich in diesen gegensätzlichen Bewegungen wiedergefunden.“

Haben Lev und Kato in der Mitte ihres Lebens endlich ihren Moment des Zusammenseins und des Innehaltens gefunden? Oder reißen die wirbelnden Lebensströme sie erneut auseinander? Was ruft Lev zurück? Und was treibt Kato fort?

Lev und Kato. Als Kinder lernten sie sich kennen.

Lev trägt den Löwen im Namen, doch ist ein stiller, sensibler Junge, den der frühe Verlust des Vaters schmerzt. In den Sommerferien will er wie einst sein Vater mit den starken, selbstbewussten Halbbrüdern Wälder lichten und Bäume fällen. Erst später wird Lev eine andere Verbindung zum väterlichen Handwerk finden. Als junger Mann spürt er der Geschichte seiner Vorfahren nach, insbesondere der deutschstämmigen Herkunft seiner Mutter und seines Großvaters in Schäßburg. Lev, der sich an seine deutsch-rumänische Region gebunden fühlt und dessen Beine ihn lange Zeit nicht fortgehen lassen wollen.

Kato, die als Halbwaise mit einem trinkenden, regimetreuen Vater am sozialen Rand der Dorfgemeinschaft steht, ist als Kind bereits eine einsam Gestrandete. Obwohl mit Klugheit und einem außerordentlichen Zeichentalent beschenkt, muss sie früh die Schule verlassen. Doch Kato lässt sich nicht fesseln, sie ist eine Reisende, in ihren lichtgrauen Augen funkeln Widerstand und Veränderungswille. Kato bricht in die Ferne auf. Mit unbeschwerter Leichtigkeit lässt sie alles hinter sich, lässt Lev zurück.

Lev und Kato. So unterschiedlich die beiden sind, werden sie beste Freunde, fühlen sich innig miteinander verbunden und können doch nie wirklich zueinander finden.

Iris Wolff wählt die erzählerische Rückwärtsbewegung, um sich Lev und Kato zu nähern. Mit einem konstanten Fokus auf Lev geht jedes Kapitel einen Schritt zurück in seine Vergangenheit, durchschreitet Dunkelstellen der Erinnerung und sucht die in der Zeit verstreuten LICHTUNGEN auf, wo Lebenslinien hell aufleuchten oder jäh durchschnitten werden. In ihrer rhythmisierten Sprache, in der sich Motive wie in einem Musikstück wiederholen und verbinden, schafft Iris Wolff eine magische Sprachmelodie. Erinnerungen formen sich fließend, Verdrängtes und Vergessenes wirbeln auf, die Natur flimmert und strömt durch die Figuren, ein Schweben zwischen Gestern und Morgen entsteht.

Erneut gelingt es der im siebenbürgischen Hermannstadt geborenen Autorin, eine Geschichte zu erzählen, die tief eintaucht in eine untergangene Welt Siebenbürgens und zugleich verwoben ist mit großen menschlichen Themen über Zugehörigkeit und Fremdsein, Erinnern und Vergessen, Fallen und Aufstehen, Warten und Aufbrechen.

Große Liebe für dieses Buch!

[Werbung, Rezensionsexemplar]

Infos zum Buch

Genre Roman
Verlag
Klett-Cotta
Seitenzahl 256
ISBN 978-3608987706
Erscheinungsdatum 13.01.2024

Vielen Dank den den Klett-Cotta Verlag für das Rezensionsexemplar!