Petra Pellini – Der Bademeister ohne Himmel

„Bist du übern Berg?“, will er wissen.

„Über welchen Berg?“, frage ich, „das Leben ist der Berg.“ (219)

Sicherheit und Halt? Zukunft und Hoffnung? Für Linda ist das alles eine Illusion. Ihr Vater hat sie enttäuscht und verlassen, Schule und Gleichaltrige sind quälend und langweilig. Die 15-Jährige zweifelt an der Menschheit. Deshalb will sie ihr Menschsein baldmöglichst beenden. Linda sieht diesen Entschluss eher undramatisch, wartet nur auf die richtige Gelegenheit.

„Das Leben ist, wie es ist. Beobachte ich Menschen und was sie mit ihrem Leben anstellen, denke ich: Es reicht. Ich habe genug gesehen“ (158)

Noch gibt es einige Menschen, die Linda daran hindern, dieser Welt den Rücken zu kehren. Neben ihrer verschlossenen Mutter, die hart arbeitet und sich gerade zögerlich einem neuen Mann zuwendet, ist da Lindas Freund Kevin, der in seinem Zimmer, das einem Rechenzentrum gleicht, noch intensiver als Linda über die Welt grübelt und für einen 13-Jährigen wohl einfach zu viel über Klimadetails, Friedensabkommen und Quantenphysik weiß. Mit ihm diskutiert Linda ihre großen Weltzweifel, verschweigt aber ihre Gefühlsängste.

Vor allem mag Linda Hubert. Denn Hubert stellt ihr keine Fragen und will nichts von ihr. Früher war Hubert Bademeister und brachte Menschen das Schwimmen bei. Nun geht Hubert täglich selbst ein bisschen unter, verliert Worte, Fertigkeiten und Erinnerungen. Hubert ist 86 Jahre alt und hat fortschreitende Demenz. Er wird von der polnischen Pflegerin Ewa betreut, deren großes Herz mit Erinnerungen an verstorbene Menschen gefüllt ist. Wenn Ewa einige Stunden Pause braucht, kommt Linda zu Hubert.

„Wir sterben, denke ich, deute auf die Erbsen, sage ‚grün‘ und denke an die Weite des blauen Himmels, den Hubert nicht sehen kann. Für ihn macht es keinen Unterschied. Ist ihm alles egal: Grün oder Blau, Erbsen oder Himmel“ (115)

Linda, die sonst so viel Liebe zum Leben verloren hat, will ausgerechnet Hubert nicht loslassen. Sie wirft Hubert kleine Anker im Jetzt zu, ideenreich taucht Linda einfach in Huberts Welt ein, weiß ihn dort vor dem völligen Untergang zu retten und ihm für kurze Momente auf Augenhöhe zu begegnen.

„Hubert ermüdet schnell. Schneller als früher. Orientierungslos zu sein, macht müde. Wer kann das besser verstehen als ich.“ (132)

Hubert braucht Linda, Linda braucht Hubert.

Herzerwärmend-witzig und todtraurig-ernst, naiv-direkt und lebensnah-nachdenklich – DER BADEMEISTER OHNE HIMMEL ist ein wunderbar unkonventionell erzählter Roman über Alter und Jugend, über Lebensmüdigkeit und Orientierungssuche, über das bedeutungsvolle Miteinander von Erbsen und Himmel. Lesen!

[unbezahlte Werbung, selbstgekauftes Exemplar]

Infos zum Buch

Genre Roman
Verlag
Kindler Verlag / Rowohlt Verlag
Seitenzahl 320
ISBN 978-346-3000-688
Erscheinungsdatum 16.07.2024