Sie sind weiblich, (oft) ledig und nicht mehr jung. Mit Siebzigplus blicken sie auf ihr Leben, manchmal scheinen mehrere Leben hinter ihnen zu liegen, soviel Erfahrung, Erinnerung, Glück und Schmerz tragen sie in sich. Sie waren in den 1950er Jahren junge Frauen, ihnen wurde vermittelt, dass ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse für ihren Mann, für ihre Familie und eigentlich für die gesamte Gesellschaft nicht existent seien, dass sie sich gefälligst anzupassen hätten, den Mund immer schön lächelnd präsentieren, aber bitte nicht aufmachen sollen.

Aus dieser Zeit haben sie gelernt zu überleben und in verborgen-unmerklichen Schritten in den Widerstand zu gehen. Sie haben ungeahnte Stärke und Wege gefunden, ihren Willen, ihre Ziele geschickt zu erreichen.

Ihre Männer? Die sind nicht mehr an ihrer Seite. Entweder sind sie verstorben oder sie haben sie als unbrauchbare Lebenspartner verlassen. Nun mit über Siebzig sind sie frei. Frei neue Partner:innen zu wählen. Frei eigene Entscheidungen zu treffen, für oder gegen das Leben, für oder gegen die Liebe. Ihre sexuelle Lust ist kein Tabu, sie wissen sich selbst zu befriedigen oder finden geeignete Gespiel:innen. Obwohl sie gleichaltrige Paare eher mitleidig beobachten und ihr Alleinsein (meist) genießen, müssen sie in Momenten gemeinsamer Zärtlichkeit und Fürsorge schlucken.

Einige von ihnen schaffen es nicht. Doch auch sie treffen ihre eigene Entscheidung.

Was sie eint? Obwohl sie eine tiefe innere Versehrtheit aufweisen – die lapidar als KLEINE KRATZER abgetan werden – bleiben sie selbstbestimmt. Sie haben einen fast grimmigen Willen, und ein liebenswert-humorvolles Selbstbewusstsein.

Ihr müsst sie kennenlernen! Jede hat ihre eigene Story erhalten!

Hervorragende Kurzgeschichten der achtzigjährigen Debütantin Jane Campbell, nicht nur mit den silberglänzenden Protagonistinnen großartig besetzt, sondern auch durch abwechslungsreiche Erzählweisen und Tonlagen sehr gut konstruiert.

Besonders gefallen haben mir die Storys „Edelmut“, „Schopenhauer und ich“, Lacrimae Rerum“ und „183 Minuten“.

Übersetzt aus dem Englischen von Bettina Abarbanell.

[unbezahlte Werbung, eigenes Exemplar]