Dilek Güngör – A wie Ada

A WIE ADA heißt der neueste Roman von Dilek Güngör, ein Roman, der zunächst eher den Eindruck einer Prosaminiatursammlung erweckt. Doch nach und nach formt sich aus assoziativ aneinandergereihten Erinnerungen die vielschichtige Figur der Ada und ihr Lebenskontext. Ada blickt zurück auf ihre Kindheit, Jugend und ihr Jetzt. Sie denkt an Hort- und Schultage, an das Zusammensein mit der Familie und an Beziehungen zu Freund:innen. Was verband und verbindet Ada mit anderen Menschen? Wann hat Ada helle, wann dunkle Tage erlebt, welche Erfahrungen wogen in vielerlei Hinsicht schwer, haben Adas Blick auf die Welt geprägt, nicht selten erschüttert?

Wie aus einem Kästchen nimmt Ada eine Erinnerung nach der anderen aus ihrem inneren Archiv, befreit einst Erlebtes von der reinen Handlungsebene, von möglichen Beschönigungen und auch vom Dialogischen bis nur noch ein Kern von Erfahrenem bleibt.

„Manche Sätze liegen Ada schwer im Magen, sie quellen auf und werden zu groß für ihren Leib. Es braucht Tage, bis sie in einzelne Worte zerfallen.“ (40)

Ist diese Essenz in ein einzelnes Wort fassbar zerlegt, kann Ada dessen Wirkung und Aussagekraft genau betrachten, Bedeutungen, die einst Unbehagen und Schmerz verursachten, lassen sich nun greifen und begreifen.

Ich brauchte etwas, um in Dilek Güngörs Erzählstil hineinzufinden, zu nah lag die Lektüre des Vorgängerromans VATER UND ICH zurück, so dass ich konstant nach Überschneidungen zwischen der vorherigen Ich-Erzählerin Ipek und der jetzigen Ada suchte. War jedoch in VATER UND ICH das Schweigen zentral, so wird in A WIE ADA durch das explizite Aussprechen und Ausstellen von Worten ein Durchbrechen des Schweigens und ein Aufsuchen blinder Flecken möglich.

„Sie kann nicht sprechen, etwas Schweres liegt auf ihrer Zunge, es ist die Last des Nachgetragenen, sie lässt sich nicht im Mund transportieren.“ (44)

A WIE ADA ist ein Herkunftsroman der besonderen Art, der das Erzählen einer Biografie, die aus Brüchen und Fremdheitserfahrungen besteht, auch formal umsetzt. Für mich eine feine und poetische Reflexion darüber, wie Sprache unser Leben formt!

[unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar]

Infos zum Buch

Genre Roman
Verlag
Verbrecher Verlag
Seitenzahl 112
ISBN 978-3-95732-579-2
Erscheinungsdatum 24.01.2024

Vielen Dank an den Verbrecher Verlag für das Rezensionsexemplar