Daniel Gräfe – Wir waren Kometen

„Was würdest du für mich wagen?“

Lukas und Luba spielen dieses Spiel, sie stellen sich herausfordernde Fragen, wollen aber keine Antworten hören. Sie kennen sich erst seit vier Wochen. Lukas hat sich sofort in den geheimnisvollen Sprenkel in Lubas Auge verliebt, der wie eine Insel aussieht. Und genau wie auf einer Insel treibt das ungleiche Paar voller Sehnsucht und Unbestimmtheit durch einen Berliner Sommer. Doch irgendwann drängen sich für Lukas immer mehr Fragen und vor allem die dazugehörigen Antworten über Lubas Vergangenheit auf. Er kann Lubas plötzliche Wut, ihre Wünsche und Ängste nicht verstehen. Was weiß Lukas eigentlich über seine neue Freundin? Luba, die aus Giurgiu im Süden Rumäniens stammt, möchte weder über ihr Land noch über ihre Eltern sprechen. Lieber will sie mit Lukas nach Italien reisen, hofft dort auf Wärme, Leichtigkeit und die Möglichkeit zu vergessen. Als Lukas diesen Plänen einen glücklosen Agenturjob vorzieht, verschwindet Luba plötzlich.

„Mit beiden Händen hatte sie durch mich hindurchgefasst, als sie mich wie keinen anderen brauchte“ (116)

Drei Jahre später erhält Lukas einen Anruf von Lubas Handy, der ihn allein und ohne Ortskenntnis nach Rumänien aufbrechen lässt. Er will Luba finden.

Es beginnt ein Roadtrip, der den sicherheitsliebenden Lukas Luba nicht nur räumlich näher bringt: Lubas Tagebuch, das Lukas von ihrer Freundin erhalten hat, gibt Lukas Einblicke in Lubas zurückgelassene Verletzungen, die auch sein eigenes Denken in neue Bahnen lenken.

„In diesem Moment verstehe ich ihre Gefühle. Für Luba hatte sich nichts geändert. Schlimmer noch: dass es niemanden mehr interessierte.“ (198)

Es ist die spannende Verschränkung zweier Erzählperspektiven, die WIR WAREN KOMETEN zu einem besonderen Leseerlebnis macht: Einerseits blickt der Ich-Erzähler Lukas als Außenstehender auf das Rumänien der 2010er Jahre, begegnet auf seiner Suche hilfsbereiten wie um ihre Existenz kämpfenden Menschen des Landes, deren Präsenz er ebenso intensiv spürt wie die ihn umgebende Natur. Zum anderen wird die Reise durch Lubas Tagebuchaufzeichnungen zu einer rückblickenden, intimen Innenschau, in der es in Lubas Kindheit unter dem Ceauşescu-Regime nur darum ging, sich unsichtbar zu machen. Mit fatalen Folgen für das fantasievolle Mädchen.

Daniel Gräfe ist ein einfühlsamer Debütroman gelungen: Zwei verletzte Seelen, mit dem innigen Wunsch gesehen zu werden, müssen lernen, genau auf und in ihr Gegenüber zu schauen, um sich nicht erneut zu verfehlen.

[Werbung, Rezensionsexemplar]

Infos zum Buch

Genre Roman
Verlag
danube books Verlag
Seitenzahl 248
ISBN 978-3946046417
Erscheinungsdatum 19.07.2024

Vielen Dank an Daniel Gräfe und danube books für das Rezensionsexemplar!